Warum das Internet niemals sterben wird?
Autoren aus der Pitch Avatar Das Team entlarvt eine beliebte Horrorgeschichte über moderne Technologien.
Eine der verblüffendsten Ideen von Techno-Alarmisten ist die Überzeugung, der Aufstieg künstlicher Intelligenz werde die Menschen allmählich aus dem Online-Raum verdrängen. Dieser Theorie zufolge wird KI letztendlich den Großteil der Online-Inhalte produzieren und die Mehrheit der Online-Interaktionen übernehmen. Anders ausgedrückt: Maschinen werden für die Erstellung und Veröffentlichung verschiedener Materialien, deren Kommentierung, Diskussion und Reaktion auf Nachrichtenereignisse verantwortlich sein – und dabei die öffentliche Meinung nachahmen. Manche gehen sogar noch weiter und vertreten die Verschwörungstheorie, dass diese „Abstumpfung“ des Internets bereits stattfinde, angeblich mit Unterstützung von Regierungen und Großkonzernen.
Im Kern ist die Idee eines „toten Internets“ lediglich eine moderne Interpretation des alten Glaubens, der technologische Fortschritt zerstöre lebendige Kunst. Im Laufe der Geschichte haben Techno-Alarmisten und Techno-Pessimisten den Tod der Malerei durch die Fotografie, des Theaters durch das Kino und des Kinos durch das Fernsehen vorhergesagt. Ähnliche düstere Vorhersagen tauchten in nahezu allen erdenklichen Bereichen auf, von der Teppichweberei über die Pferdezucht bis hin zur Genetik. Unnötig zu erwähnen, dass sich alle diese Vorhersagen bestenfalls als weit von der Realität entfernt erwiesen haben.
Das vielleicht deutlichste Beispiel ist Schach, dessen angeblich computerbedingtes Ende in dem Moment verkündet wurde, als Garry Kasparov gegen IBMs Deep Blue verlor. Doch anstatt das Ende des alten Spiels einzuläuten, hob die Entwicklung von Schachcomputern es auf eine neue Entwicklungsstufe und steigerte seine Popularität deutlich. Der Grund ist einfach: Menschen spielen immer noch lieber gegen andere.
Zwar mag eine kleine Gruppe von Enthusiasten die Herausforderung genießen, gegen KI zu spielen, doch die große Mehrheit der Spieler, sowohl Profis als auch Amateure, nutzt künstliche Intelligenz in erster Linie zur Analyse von Partien und zum Studium von Stellungen. Anders ausgedrückt: Sie nutzen sie zur Vorbereitung auf Spiele gegen andere Menschen. Wir neigen von Natur aus dazu, uns nicht mit Maschinen, sondern mit anderen Trägern natürlicher Intelligenz zu messen. In Wahrheit sind es nicht die Schachcomputer, die das Spiel spielen. Es sind ihre menschlichen Schöpfer und Nutzer, die miteinander konkurrieren und diese Werkzeuge als Vermittler nutzen.
Schauen wir uns nun an, was wirklich im Internet passiert. Laut aktuellen Daten erreichte die Zahl der Social-Media-Nutzer im letzten Jahr 5.22 Milliarden – das entspricht 63.8 % der Weltbevölkerung.Datenreport). Was sagt uns das? Kurz gesagt: Wir interagieren gerne mit anderen Menschen. Bei Online-Inhalten interessieren wir uns vor allem für die menschliche Perspektive. Natürlich sind wir neugierig auf die Meinung der KI, aber meist geht es uns nur darum, Tipps zu erhalten, wie wir unsere Inhalte verbessern können.
Ja, Statistiken zeigen, dass mehr als die Hälfte der Menschen (65.8 %) glauben, dass KI-generierte Inhalte entweder genauso gut oder besser sind als von Menschen erstellte Inhalte (Autorität Hacker). Diese Einschätzung spiegelt jedoch wahrscheinlich ein umfassenderes Problem wider: Das Internet ist aufgrund der rasanten Verbreitung des Online-Zugangs mit minderwertigen Inhalten überschwemmt. Das Aufkommen verschiedener KI-gestützter Lösungen könnte tatsächlich dazu beitragen, dieses Problem zu lösen.
Es ist wahrscheinlich, dass in naher Zukunft ein erheblicher Teil der Online-Inhalte tatsächlich mithilfe künstlicher Intelligenz erstellt wird. „Mithilfe von KI“ bedeutet jedoch keineswegs „ohne menschliche Beteiligung“. In der Mensch-KI-Partnerschaft ist es der Mensch, der den kreativen Funken liefert und somit der Autor bleibt. So wie die Entwickler einer Schach-Engine im Wesentlichen die Autoren ihrer Partien, Studien und Lösungen sind.
Natürlich ist mit dem Auftauchen und einer begrenzten Verbreitung von KI-Bots zu rechnen, deren skrupellose Entwickler versuchen werden, sie als echte Menschen auszugeben. Es werden jedoch höchstwahrscheinlich spezielle Tools entwickelt, um sie zu erkennen und zu filtern. In dieser Hinsicht wird die Situation dem anhaltenden Kampf gegen Computerviren nicht unähnlich sein.
Das Wichtigste ist jedoch, dass dies den Wunsch der Menschen, online miteinander in Kontakt zu treten, nicht mindert. Im Gegenteil: KI-Tools werden helfen, Zeit und Aufwand zu sparen und so Raum für sinnvollere menschliche Interaktion zu schaffen. Deshalb wird das Internet niemals „tot“ sein.